Romy: Hey Christel, ich freue mich, dass du Zeit für das Gespräch gefunden hast. Besonders in den letzten Monaten war ja echt was los bei uns. Ich möchte gerne mit ein paar Fragen zu dir als Person einsteigen, wenn das für dich okay ist. Zum Beispiel interessiert mich, was du gerne hättest, was du eigentlich nicht wirklich brauchst?
Christel: Hallo Romy, das ist gar nicht schwer zu beantworten. Ich liebe nämlich Bilder und Videos der Erde aus der Vogelperspektive. Deshalb hätte ich gerne eine Drohne, um eigene Fotos zu machen, die Welt von oben anzuschauen und so Landschaften ganz neu zu entdecken.
Die Faszination für diesen Perspektivwechsel teile ich mit dir. Mir gefallen solche Aufnahmen auch total gut. Mal abgesehen vom Fotografieren, was treibst du sonst gerne in deiner Freizeit?
Hobbies habe ich tatsächlich jede Menge. Ich spiele Gitarre und reise ich sehr gerne mit meinem Wohnmobil. Damit kann ich nämlich die vielen tollen Plätze und Orte erkunden, die unsere Erde so zu bieten hat und habe unterwegs trotzdem immer mein eigenes Heim. Besonders gerne bin ich übrigens in den Dolomiten – diese Gebirgsgruppe ist schon fast so etwas wie mein zweites Zuhause. Vielleicht ist das auch mal ein Ziel für dich, da kann man nämlich wirklich super wandern gehen!
Stimmt, die Dolomiten sind grandios. In der Region rund um Langkofel und Plattkofel hat übrigens vor einigen Jahren meine Leidenschaft für’s Wandern begonnen. Bevor ich jetzt aber ins Schwärmen gerate, schnell wieder zurück zu dir. Ich habe nämlich noch so eine persönliche Frage: Was ist dir wirklich wichtig?
Christel: Mir war schon immer wichtig, dass ich zufrieden bin, mit dem was ich tue. Ich war ja selbst mal Lehrerin an einer Förderschule und habe diesen Beruf wirklich mit Leidenschaft ausgeübt. Seitdem ich vergangenes Jahr in Pension gegangen bin, verwende ich viel Zeit und Energie auf die Dinge, die ich gerne für mich und andere mache.
Zum Beispiel gibt es bei mir im Ort einen Asylkreis, der immer wieder Projekte mit und für Flüchtlinge macht. In dem Rahmen habe ich meine schon fast verstaubte Nähmaschine ausgegraben und mit einigen Freundinnen Corona-Mund-Nasen-Masken genäht, die wir in der örtlichen Bäckerei gegen eine Spende verkauft haben. Der Erlös ist dann der Kinderkrebshilfe in Tübingen zugute gekommen.
Außerdem haben natürlich auch Dinge wie Gesundheit, wohnen, essen usw. einen hohen Stellenwert für mich – insbesondere nachdem ich selbst eine schwere Krankheit überstanden habe. Dadurch habe ich den Wert von Familie und Freunden noch einmal ganz neu zu schätzen gelernt.
Zu deinem Lehrervorleben möchte ich dich gleich ein bisschen löchern. Vorher wüsste ich aber gerne erst einmal, welche Aufgaben du bei uns übernimmst.
Christel: Ich bin für die Tauschbörse verantwortlich. Das heißt, ich kontrolliere alle Arbeitsblätter, die unsere KundInnen hochladen und sortiere sie gegebenenfalls passend ein. Ich sorge also für die Struktur, sodass die LehrerInnen die Materialien von anderen Lehrerkräften möglichst leicht finden. Während der Pandemiezeit habe ich beispielsweise eine neue Kategorie für die Fernunterrichtsmaterialien angelegt.
Ich beteilige mich aber auch an anderen Einzelprojekten, zum Beispiel habe ich unser Schwungschriftpaket oder das Paket mit den Alltagsgeräuschen mitentwickelt. Hin und wieder erstelle ich außerdem auch Arbeitshefte oder helfe beim Testen neuer Worksheet Go! Funktionen.
Ui, das klingt alles andere als langweilig. Besonders die Tauschbörse ist ja ein echter Umschlagplatz. Wie viele Arbeitsblätter kommenden denn da so bei dir an?
Christel: Ja, unsere LehrerInnen sind wirklich sehr fleißig – mittlerweile gibt es schon rund 40.000 fertige Materialien in der Tauschbörse. Insbesondere am Wochenende bereiten viele Lehrkräfte ihren Unterricht vor. Dann kommen teilweise zwischen 80 und 100 neue Arbeitsblätter bei mir rein. Aber auch werktags habe ich gut zu tun, da kontrolliere ich etwa 70 bis 80 neue Arbeitsblätter täglich.
Wow! Das sind ja viele. Wie prüfst du die denn alle?
Christel: Zur Kontrolle habe ich ein eigenes Programm. Darin sehe ich nicht nur die neu hochgeladenen Materialien auf einen Blick, sondern auch den hinterlegten Namen und die von der Lehrkraft ausgewählte Kategorie. Ich schaue mir das Material dann Seite für Seite im Worksheet Crafter an und kontrolliere dabei bestimmte Parameter.
Zum Beispiel prüfe ich, ob das Material in die richtige Kategorie einsortiert wurde und ob sich beim Layout auch nichts verschoben hat. Und natürlich schaue ich auch, ob die verwendeten Grafiken rechtlich okay sind. Wenn ich ein besonders gelungenes Arbeitsblatt entdecke, dann kann ich das markieren, sodass es bei den Tauschbörsen-Beispielen auf unserer Homepage weit vorne erscheint.
Lass uns doch mal annehmen, dass ich gerade mein neues Material in die Tauschbörse hochgeladen habe. Wie kann ich sicherstellen, dass es dort auch gefunden wird?
Christel: Du solltest dich beim Benennen an den bereits vorgegebenen Stichworten und Kategorien orientieren. Falls du das nicht gemacht hast, versuche ich beim Überprüfen ein markantes Stichwort voranzustellen und verschiebe das Arbeitsblatt gegebenenfalls in die entsprechende Kategorie.
Beim Hochladen solltest du außerdem eine möglichst genaue Beschreibung deines Materials eingeben. Denn alle Stichworte, die in deiner Beschreibung auftauchen, werden auch bei der Suche innerhalb der Tauschbörse miteinbezogen. Dort kannst du also auch deinen Social Media-Namen oder dein Eigenname notieren (falls du das möchtest). Wenn jemand nach diesem Namen sucht, finden die Person dein Material dann auch.
Oh, das das sind echt gute Anregungen von dir. Mir war zum Beispiel gar nicht klar, dass die Beschreibung dazu beiträgt, dass mein Material besser gefunden wird. Du hast bestimmt noch mehr nützliche Ratschläge. Was macht denn einen guten Arbeitsblatt-Titel aus?
Christel: Der Name deines Materials sollte möglichst kurz und prägnant sein. Und im Idealfall hast du auch die eben genannten Tipps dabei berücksichtigt.
Hehe. Gibt es denn noch mehr Dinge, auf die ich beim Erstellen und Hochladen von meinem Material achten sollte?
Christel: Ja. Insbesondere, wenn du eigene Fotos oder selbst erstellte Zeichnungen in deinem Material verwendest, solltest du das ausdrücklich in der Beschreibung kennzeichnen. Und dass deine Beschreibung nach Möglichkeit auch markante Begriffe enthalten sollte, habe ich dir ja gerade schon verraten.
Jetzt will ich das Rad aber gar nicht immer neu erfinden. Hast du auch einen Tipp, wie ich bei rund 40.000 Arbeitsblättern schnell das passende Material für meine Stunde aufspüre?
Christel: Die Tauschbörse gliedert sich ja in Fächer, Klassenstufen und Themen. Du kannst also ganz gezielt für den Deutschunterricht in deiner 1.Klasse nach einem Leseblatt zu einem bestimmten Thema suchen. Wenn du in dieser Reihenfolge vorgehst, bekommst du durch die alphabetische Anordnung der Materialien einen raschen Überblick und kannst dir Arbeitsblätter ganz gezielt über die Vorschau anschauen und herunterladen. Mit dem Suchfeld kannst du deine Suche außerdem noch ausweiten oder eingrenzen und dir beispielsweise die neusten Materialien zu deinem Thema anzeigen lassen.
Lehnen wir denn eigentlich auch hochgeladenes Material ab? Und wenn ja, woran liegt das?
Christel: Ja, das kommt schon mal vor. Häufiger liegt das daran, dass fremde bzw. gekaufte Grafiken verwendet wurden. Die dürfen ja nicht einfach bei uns der Tauschbörse hochgeladen und weitergegeben werden. Wenn du dahingehend also auf der sicheren Seite sein möchtest, dann verwendest du am besten nur Illustrationen, die aus dem Worksheet Crafter stammen.
Manchmal kann ich Arbeitsblätter aber auch nicht annehmen, weil sich beim Hochladen das Layout komisch verschoben hat oder die Sprache unsachgemäß ist. Und manchmal ist das hochgeladene Material sehr einfach aufbereitet. Das heißt, es ist so simpel, dass es genauso leicht selbst gemacht werden kann, anstatt in der Tauschbörse nach etwas passendem zu stöbern.
Rein inhaltlich mache ich übrigens keine Kontrolle. Wenn unseren NutzerInnen aber Fehler im Tauschbörsenmaterial auffallen, dann können sie die einfach melden. Das geht direkt rechts unter dem Vorschaubild in der Tauschbörse. Abhängig vom jeweiligen Fehler verbessere oder lösche ich das Material dann.
Danke für die tollen Tauschbörsentipps, Christel. Jetzt würde ich gerne auch noch ein bisschen mehr über deine früheres Leben als Lehrerin erfahren. Vielleicht magst du einfach mal erzählen: Wo hast du unterrichtet und welche Fächer hast du gegeben?
Christel: Ich war Lehrerin in einem SBBZ einer großen diakonischen Einrichtung. Die Abkürzung SBBZ steht dabei für Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum für geistige Entwicklung. Meine damalige Schule hat vor zehn Jahren in einer kleinen Grundschule im Nachbarort eine Außenklasse mit sechs SchülerInnen eingerichtet. Hier werden die Kinder mit Förderbedarf gemeinsam mit den Grundschulkindern in drei Lerngruppen unterrichtet.
Diese Lerngruppen bestehen wiederum aus sogenannten altersgemischten Familienklassen. In ihnen sind etwa 20 Kinder von der 1. bis zur 4. Klasse. In jede Lerngruppe integriert sind etwa drei bis vier Kinder mit Förderbedarf. Gemeinsam mit einer Grundschullehrerin habe ich die Mathe- und Deutscheinführungen für die Klasse 1 vorbereitet. Die thematische Einführungen werden an meiner alten Schule nämlich jeweils in der Klassenstufe unterrichtet.
Das heißt, ich habe also einerseits das Material und die Inhalte speziell für die Förderkinder angepasst und differenziert. Und anderseits diese Kinder auch während des Unterrichts begleitet und unterstützt.
Inklusion ist ja ein heiß diskutiertes Thema, nicht nur unter den Lehrkräften. Welche Rahmenbedingungen sind denn für das Gelingen einer inklusiven Schule nötig?
Christel: Aus meiner Sicht braucht es dreierlei: Zunächst einmal ausreichend Personal. Dadurch, dass meine alte Schule eine Außenstelle ist, d.h. eigene Lehrkräfte mitbringt, waren wir in den meisten Stunden zwei Lehrkräfte. Das wirkt sich auf alle Kinder ausgesprochen positiv aus.
Mindestens genauso wichtig ist aber auch, dass die Grundschullehrkräfte an solchen Schulen das Konzept „Inklusion“ nicht nur bejahen sondern auch unterstützen.
Und zu guter Letzt ist natürlich entscheidend, was für das jeweilige Kind am besten ist. Wir haben an meiner alten Schule die Erfahrung gemacht, dass die inklusive Beschulung nicht für jedes Kind mit Förderbedarf das Richtige ist – manche Kinder sind großen Gruppen überfordert. Es braucht also für jedes Kind eine individuelle Entscheidung, was der beste Förderort ist.
Gerade nachdem, was du eben gesagt hast, ist mir klar, dass es kein allgemeingültiges Rezept für meine nächste Frage gibt. Trotzdem würde ich gerne wissen, ob du nicht Erfahrungswerte hast, wie man den Inklusionsunterricht so gestalten kann, dass alle Kinder dabei optimal lernen?
Christel: Du hast es schon ganz richtig erkannt, Romy: Es gibt kein allgemeines Inklusionsrezept, das überall funktioniert. Aber differenziertes Material zu den gleichen Inhalten ist ein sehr guter Startpunkt. Die Niveaustufen individuell anzupassen, geht ja ganz leicht mit dem Worksheet Crafter.
In meiner alten Schule gab es außerdem jeden Tag eine zwei bis dreistündige Lernzeit. In dieser Zeit haben die SchülerInnen entweder Inhalte aus den Einführungen bearbeitet oder sich sogenannten „Pinnwandaufgaben“ gewidmet. An der Pinnwand werden individuelle, handlungsorientierte Aufgaben für jedes Kind angeheftet, z.B. mit Montessori-Materialien. Durch die Jahrgangsmischung und die offene Arbeit war es sowohl für die Grundschul- als auch die Förderkinder ganz selbstverständlich, in der gleichen Stunde im eigenen Tempo an unterschiedlichen Dingen zu arbeiten.
Das klingt nach einem schönen Konzept. Gerade auch, weil so jedes Kind im eigenen Tempo lernen darf. Was wäre denn auch deiner Sicht der nächste Schritt zur Inklusion?
Christel: Es ist normal, verschieden zu sein – das sollte zur Normalität und zur gemeinsamen Norm werden.
Das Statement würde ich glatt unterschreiben. Wo siehst du noch Verbesserungsbedarf und was klappt bei der Inklusion eigentlich schon richtig gut?
Christel: Die Frage kann ich so pauschal nicht beantworten, denn ich kenne ja nur den kleinen Ausschnitt und die Rahmenbedingungen meiner ehemaligen Schule. Aber wie ich schon beschrieben habe, braucht es ausreichend gut ausgebildetes Personal und Fortbildungen, zum Beispiel auch eine Lehrerausbildung für Grundschullehrende in Richtung inklusive Beschulung. Das ist zumindest in Baden-Württemberg laut der Referendare bislang noch kein großes Thema.
Danke erst einmal für diesen Einblick in deine Erfahrungen. Als ehemalige Lehrerin hast du ja selbst viel Material erstellt. Welche Tipps hast du für Lehrkräfte, die sich mit unserem Programm noch nicht so gut auskennen wie du?
Ganz viel ausprobieren, denn es kann ja nichts schiefgehen. Auch die Tauschbörse oder unsere Homepage zu durchstöbern kann hilfreich sein, denn da sieht man prima, was man so alles machen kann. Und unsere Erklärvideos sind super für Programm-Neulinge, die vielleicht keine KollegInnen haben, die den Worksheet Crafter schon ein bisschen länger nutzen.
Und so aus Sicht einer ehemaligen Lehrerin: Welcher Funktion sollten wir als nächstes in den Worksheet Crafter einbauen?
Christel: Ich fände es toll, wenn man eigene Bildergeschichten mit dem Programm erstellen könnte. Und ich würde mir auch noch mehr Möglichkeiten für Worksheet Go! wünschen, zum Beispiel dass man Bilder als Lösungen zuordnen kann.
Wir nähern uns bereits dem Ende, eine Abschlussfrage habe ich aber noch an dich. Als Tauschbörsenordnerin bist du bei uns ja eher im Hintergrund aktiv. Möchtest du für deine künftige Arbeit vielleicht noch etwas von unseren KundInnen wissen?
Christel: Ja! Ich wüsste zu gerne, wie ihr mit den von mir erstellten Kategorien in der Tauschbörse klarkommt. Könnte ich da noch etwas optimieren? Oder wünscht ihr euch spezielle Kategorien, die bislang fehlen und wenn ja, welche? Ich freue mich über eure Anregungen und Kommentare hier unter dem Blogbeitrag.
Liebe Christel, das sind tolle Schlussworte. Es war echt spannend mit dir zu plaudern, vielen Dank, dass du dir dafür die Zeit genommen hast.
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