Im November hat Ro euch bereits in die Welt der Selbstorganisation bei SchoolCraft entführt. Damals ging es um die Rollen in unserem Unternehmen. Dank der genauen Rollenbeschreibungen in unserem internen Dashboard wissen wir, wer bei uns Ansprechpartner für welches Thema ist.
Jede*r im Team bekommt nach einer gewissen Einarbeitungszeit auch eine Vollmacht und unsere Selbstorganisation-Verfassung. Klingt erstmal trocken, ist es aber gar nicht. Sicher haben die wenigsten von euch schon mal so ein Dokument gesehen. In dieser 2-seitigen Verfassung halten wir die rechtlichen Rahmenbedingungen unserer Philosophie fest. Was dürfen wir, was dürfen wir nicht? Nach Unterzeichnung der Vollmacht kann jede*r im Team Verträge abschließen, um beispielsweise Projekte durchführen oder Organisatorisches wie z.B. Teamtreffen vornehmen zu können.
Was bedeutet die Vollmacht für uns in der Praxis?
Natürlich kann damit nicht jede*r mal eben so einen Vertrag für irgendetwas unterschreiben. Hier kommt nämlich unser Beratungsprozess ins Spiel. Ein zentraler Bestandteil unserer Selbstorganisation liegt darin, Kolleg*innen um Rat zu fragen. In der Praxis kann das beispielsweise so aussehen:
Ich habe eine richtig gute Idee für neue Sounds in Worksheet Go! und habe mir einen Kostenvoranschlag geholt. Weil die Anforderungen an die Sounds sehr speziell sind, müssen Teile von einem Orchester eingespielt werden. Aus diesem Grund kostet das Vorhaben ziemlich viel Geld. Weil wir Entscheidungen, deren Ausgang andere im Team betreffen, nicht alleine angehen, muss ich mir von mindestens 2 Personengruppen dazu Rat einholen:
- Die Personen, die von meiner Entscheidung am direktesten betroffen sind
- Die Personen, die in diesem Gebiet die größte Expertise haben
Es ist wichtig, dass ich mich darauf verlassen kann, ehrliches Feedback aus dem Team zu bekommen. Potentielle Bedenken und Einwände muss ich ernst nehmen. Aber: am Ende entscheide ich, ob mein Projekt startet oder nicht. Das bedeutet nicht, dass ich wahllos Geld in irgendwelche fixen Ideen stecken kann. Das Feedback meiner Kolleg*innen ist ein wichtiger Pfeiler in meiner Entscheidungsfindung. Und ab einer bestimmten Summe muss ohnehin das gesamte Team informiert und um Rat gefragt werden. Bei einer Idee, die die Firma ins Wanken bringen könnte, gibt es das Veto-Recht durch unseren Gründer Fabian. Damit sichern wir uns rechtlich ab.
Wer jeweils die größte Expertise hat, wird durch unsere Rollen im Dashboard klar. In meinem Beispiel frage ich also auf jeden Fall die Person, die unsere Finanzen bewacht. Können wir uns mein Vorhaben leisten? Hält die Person das für sinnvoll? Als zweites frage ich bei auch noch die Grund- und Förderschullehrerinnen aus unserem Team. Sie können ziemlich gut einschätzen, ob sich die Tragweite am Ende tatsächlich lohnt. Würde auch ein kleineres Format ausreichen und wäre die Summe sinnvoll investiert?
Klar ist auch, dass mein Projekt transparent ist. In unserem Dashboard werden neue Projekte eingetragen, sodass alle sie sehen können. Verträge o.ä. werden auf unserem Server abgelegt. Auch damit ermöglicht man den Kolleg*innen, zu sehen, um was und wie viel es hier geht.
Welche Vorteile ergeben sich aus diesem Entscheidungsprozess?
- Bessere Entscheidungen: Die Chance, die beste Entscheidung zu treffen, ist beim Beratungsprozess größer als beim traditionellen „Top-Down-Ansatz“. Die zu entscheidende Person ist typischerweise näher an der Praxis dran und muss mit den Konsequenzen leben. Und die Beratung stellt sicher, dass die Entscheidungsgrundlage vorhanden ist.
- Mutige Entscheidungen: Wir erhalten keine verwässerten Kompromisse, welche die Wünsche aller Personen berücksichtigen.
- Wertschätzung: Um Rat gefragte Personen fühlen sich wertgeschätzt. Sie spüren, dass ihre Kompetenz anerkannt wird. Und lernen gleichzeitig selbst etwas über das zu entscheidende Thema.
- Lernen: Die Beratung ist gleichzeitig ein kontinuierlicher Lernprozess. Wir geben das Expertenwissen weiter.
- Spaß: Der Prozess kann für die Entscheider*innen richtig Spaß machen. Die Kombination aus Entscheidungsfreiheit und Team-Sport in Form der Beratung rockt.
Und was, wenn die Entscheidung doch daneben war?
Natürlich trage ich für den Ausgang des Projekts die Verantwortung. Ich muss mir über die Risiken im Klaren sein und sie so gut es geht von vorneherein abfedern. Und wenn es doch mal daneben geht, trotz Zuspruch meiner Berater*innen? Das kann passieren und es gehört dazu, Fehler zu machen, sie zu analysieren und daraus zu lernen.
Sollte ich mich gegen den ganz deutlichen Rat aus dem Team dennoch entschieden haben, das Projekt durchzuboxen und es geht in die Hose, sodass ein großer Scherbenhaufen entstanden ist, der schon nicht mehr zu retten ist: gar nicht gut. Das Team kann dadurch das Vertrauen in mich verlieren und sich unter Umständen von mir trennen. Im Übrigen greift hier auch unser sogenannter Konfliktlösungsprozess. Über den werden wir sicher in Zukunft auch noch berichten.
Im Kern wollen wir mit unserem Beratungsprozess dazu auffordern, mutig eigene Entscheidungen zu treffen – nicht willkürlich und ohne Plan. Sondern mit Bedacht und mit dem Rat der Kolleg*innen. Und damit gelingt es, dass Entscheidungen nicht von oben nach unten delegiert werden. In der Selbstorganisation gibt es kein „oben“ und „unten“. Das motiviert ungemein und ist für mich einer der wichtigsten Pfeiler in der Selbstorga.
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