Vor circa einem Jahr hat Fabian uns bei unserem jährlichen Firmentreffen die Idee vorgestellt, SchoolCraft in ein selbstorganisiertes Unternehmen zu verwandeln. Damals waren wir alle erstmal baff. Was heißt das genau? Wie soll man sich das vorstellen? Kann das denn überhaupt funktionieren?
Schnell war uns klar, dass das nicht „einfach mal so“ gemacht werden kann. Ein Konzept musste her, das sicherstellt, dass wir auch selbstorgansisiert weiter so gut zusammenarbeiten und unsere Ziele erreichen. In dem Punkt waren wir uns direkt einig und das ist, wie man so schön sagt, ein gutes Zeichen und eigentlich auch schon der erste Schritt.
Um sich mit der Freiheit der Selbstorganisation zurecht zu finden, haben wir zunächst einige Systeme und Prozesse erarbeitet, die wir euch hier auf unserem Blog nach und nach auch im Detail vorstellen. Bei uns läuft nämlich manches etwas anders als bei herkömmlichen Firmen und wir hoffen, damit auch andere Unternehmen inspirieren zu können.
Mit dem Beitrag zu unseren Rollen bei SchoolCraft mache ich heute gleich mal den Anfang
Aber damit wir uns nicht falsch verstehen:
Solche Rollen wie auf dem Bild rechts braucht es zwar auch manchmal, aber wir meinen in dem Fall noch etwas anderes mit diesem Begriff.
Was sind denn nun Rollen?
Ganz vereinfacht ausgedrückt ist eine Rolle eine Tätigkeit. Das klingt jetzt vielleicht bescheiden, aber eigentlich steckt viel dahinter. Einer Rolle ist mehr als eine Aufgabe: sie schließt nämlich auch Verantwortung und Kompetenz mit ein (oder zumindest den Willen, sich die Kompetenz auch anzueignen).
Denn um die Aufgaben meiner Rolle auszuführen, brauche ich auch die Freiheit, schwerwiegende Entscheidungen treffen zu können. Die Kompetenz ist wiederum wichtig, damit sichergestellt ist, dass ich überhaupt fähig bin, die Aufgabe auszuführen.
Andere Mitarbeiter*Innen müssen wissen, wer die meiste Ahnung zu einem bestimmten Thema hat, um diese Person um Rat fragen zu können. (Zu unserem Beratungsprinzip erzählen wir euch ein anderes Mal mehr). Rollen dienen also der Aufgabenverteilung, der internen Kommunikation und der Entscheidungsfähigkeit im Sinne der Selbstorganisation.
Man kann sich eine Rolle vorstellen wie einen Hocker, auf den man sich setzen kann und der diese drei Beinchen hat. Wenn eine Aufgabe nicht alle drei Beinchen hat, dann ist es meistens keine Rolle.
Häufig hat eine Person viel mehr als nur eine einzige Rolle. Das ist ja auch bei anderen Firmen so. Man hat vielleicht den Titel „Sekretär*in“ inne, aber eigentlich macht man noch viel mehr als nur das. Mit dem Ausformulieren der Rollen wird das gesamte Aufgabengebiet einer Person sichtbar und hilft uns dabei, die Arbeit unserer Teammitglieder bewusst wertzuschätzen.
Um klarer zu machen, dass es sich dabei aber nicht um einen Titel handelt, formulieren wir Rollen als aktive Verben. In meinem Fall liest sich das dann zum Beispiel so: Ro: zeichnet Illustrationen für den Worksheet Crafter.
Welchen Mehrwert bringen die Rollen?
Als selbstorganisiertes Unternehmen sind wir auf Rollen angewiesen, um uns mit Fragen, Ideen und Projekten an die richtige Person wenden zu können. Es gibt bei uns ja keine Teamleitung, bei der man sich an der Stelle sonst melden würde. Stattdessen sind die Personen, die bei uns die gefragten Rollen innehaben, tatsächlich auch diejenigen, die sich am besten mit dem jeweiligen Thema auskennen. Rollen erhöhen also gleichzeitig auch die Selbstverantwortung des Einzelnen, denn man muss sich, wie der Name schon sagt, innerhalb der eigenen Rolle selbst organisieren.
Das klingt zuerst etwas einschüchternd, aber auf lange Sicht erreicht man dadurch selbstmotivierte und kompetente Mitarbeiter*innen. Dadurch erleben wir bei SchoolCraft dauerhaft viel weniger Bürokratie und mehr konkretes Arbeiten. Weiters wollen wir aber damit auch das wertschätzende Bewusstsein für die Arbeit der Kolleg*innen fördern und unsere eigene Identität von den hierarchischen Titeln lösen.
Rollen sind ja auch etwas ganz anderes als Titel, die wir bei Schoolcraft intern übrigens schon komplett abgeschafft haben.
Kein Titel, wie bitte?
Genau. Titel führen schnell zu einer Identifikation und dienen künstlichen Hierarchien. Wir haben darum keine Manager*in, Art-Direktor*in oder Chefredakteur*in. Wir entscheiden Dinge je nachdem, wie es Sinn macht als gesamte Firma, als Team oder als Einzelperson, daher ist das „klassische Management“ bei uns gar nicht mehr nötigt.
Weil die Rollen nichts mit der Identität und dem Wert einer Person zu tun haben, sind sie auch nicht starr. Sie können dynamisch wachsen und getauscht werden, wenn man das möchte. So kann jede*r bei uns tun, was sie oder ihn wirklich begeistert.
Man kann schwierige Rollen miteinander teilen und es bleiben keine Aufgaben liegen. Denn mit einer Rolle geht auch die Verantwortung einher, dass sie ausgeführt wird. Rollen geben uns bei SchoolCraft also nicht nur Orientierung, sondern stellen sicher, dass alle Aufgaben tatsächlich erledigt werden.
Aber um die Kommunikation mit anderen Firmen zu erleichtern, benutzen wir nach außen hin noch manchmal Titel. Wir würden zwar gerne die Welt auf den Kopf stellen, aber das klassische Stellenbezeichnungs-Denken ist kollektiv sehr stark in unseren Köpfen verankert. Oder anders gesagt: Mitarbeiter*innen bei Microsoft können mit formalen Titeln wie „Software-Architekt“ einfach mehr anfangen als mit einer Rollenbezeichnung.
Rollen sichtbar machen
Damit wir wissen, wer genau welche Rollen bei uns inne hat und welche Rollen gerade frei sind, haben wir ein internes Dashboard entwickelt. Ursprünglich war es hauptsächlich als Tool für die Projektorganisation gedacht, aber dann hat sich herausgestellt, dass es sich auch super für die Darstellung von unseren Rollen eignet. Und so hat Ike das einfach schnurstracks für uns umgesetzt:
Unser Dashboard ist noch ein „Work in Progress“ und wird von uns ständig erweitert und gepflegt. Wir werden euch an anderer Stelle sicher noch mehr davon berichten, da es das Herzstück unserer Selbstorga darstellt.
Wir wollen aktiv das Bewusstsein für die Rollen fördern und sie nach „außen“ hin sichtbarer machen. Darum werden wir auch auf unserer Über-Uns Seite unsere Aufgaben bald anders beschreiben. Statt formellen Titeln werden wir dann auch dort unsere Tätigkeit über die Rollen veranschaulichen. Dann wird es also nicht mehr heißen Alex: Autor sondern Alex: schreibt unsere Texte. Damit ihr jetzt schon mal wisst, was es mit den künftigen Formulierungen auf sich hat
Wollt ihr noch mehr wissen?
Wie gesagt sind die Rollen nur ein kleiner Teil unserer Selbstorga-Revolution. Wenn ihr dazu noch Fragen habt, könnt ihr uns gerne löchern und einfach einen Kommentar hinterlassen. Weil wir auf dem Gebiet aber natürlich auch keine Autoritäten sind, möchte ich euch zu diesem Thema zusätzlich auch das Buch „Reinventing Organizations“ von Laloux ans Herz legen.
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